Künstliche Intelligenz – Wachstum ohne Menschen?

76. Führungsgespräch | April 2019

Im Sinne der strategischen Maxime „Shaping the CEO Agenda“ setzte sich die Wissenschaftliche Gesellschaft zum 76. Führungsgespräch mit den betriebswirtschaftlichen und wettbewerbsstrategischen Effekten sowie gesellschaftlichen Folgewirkungen von Künstlicher Intelligenz auseinander.

Algorithmische Entscheidungsfindung kann erhebliche Effizienz- und Wachstumswirkungen entfalten, wenn tradierte Geschäftsmodelle angepasst oder komplett neu gedacht werden:

  • Was sind Erfolgsfaktoren und Einsatzmöglichkeiten für KI-Prozesse?
  • Werden Wachstumspfade auf Kosten der Mitarbeiter erschlossen?
  • Welche Risiken und Folgewirkungen für Unternehmen, Markt und Gesellschaft sowie ethischen Gesichtspunkte muss die Unternehmensführung im Blick haben?
  • Wo stehen managementorientierte Wissenschaft und Unternehmenspraxis eigentlich auf dem Entwicklungspfad der Künstlichen Intelligenz?

 

Die Einblicke aus Wissenschaft und Praxis zeigen, wie hoch einerseits der Bedarf an managementorientierter Transferleistung des technisch wissenschaftlichen Fortschritts im Themenbereich Künstliche Intelligenz ist. Andererseits bestätigen Experten sowohl die Risiken bei der Implementierung von Künstlicher Intelligenz, als auch die Erfolgsfaktoren und Chancen in der neuen Technologie. Gerade als zentrales Argument für den marktorientierten Unternehmensführer kristallisierte sich die Notwendigkeit heraus, den Mitarbeiter als Menschen in solche Transformationsprozesse einzubinden und die essentielle Akzeptanz zu entwickeln und dadurch die notwendige Umsetzungskraft in Form eines passenden Mindsets in Unternehmen zu etablieren.

Künstliche Intelligenz im Management – eine wissenschaftliche Bestands-aufnahme

Zur Identifikation des Erkenntnisstandes und zur Ableitung von Handlungsfeldern wurde im Vorfeld des Führungsgesprächs eine umfassende Bestandsaufnahme zu aktuellen Forschungsschwerpunkten und der -historie durchgeführt. Durch einen Review der wissenschaftlichen Literatur sowie relevanter Reports zum Praxistransfer wurden wesentliche Forschungsfelder sowie Chancen und Risiken abgeleitet. In diesem Panel referierte Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg über die begriffliche Abgrenzung. In die wissenschaftliche Diskussion stieg schließlich Prof. Dr. Thorsten Posselt ein.

Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg, HHL Leipzig
Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg, HHL Leipzig

„Die Wissenschaft hat zwar die Relevanz der Thematik Künstliche Intelligenz erkannt, schafft es aktuell aber nicht ausreichend, Erkenntnisse in einem Transferprozess für Manager nutzbar zu machen. […] Zusätzlich sehen wir Handlungsbedarf bei der Unterstützung von KI-basierten Unternehmensgründungen und dem Ausbau von Bildungsmöglichkeiten.“

Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg –

Prof. Dr. Thorsten Posselt, Geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie
Prof. Dr. Thorsten Posselt, Geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie

„Künstliche Intelligenz sollte eine Kernfähigkeit eines Unternehmens darstellen und muss in Organisationen eingebettet werden. Unternehmen müssen KI-strategisch denken, KI-Risiken minimieren und KI auf Kundenanwendungen ausrichten.“

Prof. Dr. Thorsten Posselt –

Künstliche Intelligenz im Management – eine praxisorientierte Bestands-aufnahme

Die Technologie Künstliche Intelligenz findet ihren Eingang in nahezu jeder Branche, bestätigte auch Matthias Hartmann, Vorsitzender der Geschäftsführung IBM Germany, Austria & Switzerland. Künstliche Intelligenz wird Schritt für Schritt jeden Prozess eines Unternehmens umgestalten und es ist davon aus-zugehen, dass 100% der heutigen Job-Profile dadurch verändert werden. Durch Künstliche Intelligenz werden demnach auch vollständig neue Job-Profile entstehen. Künstliche Intelligenz ist kein Weg zum eigentlichen Ersatz des Menschen, sondern es ist eher als Co-Pilot in der Unterstützung des Menschen zu betrachten.

Matthias Hartmann
Matthias Hartmann, Vorsitzender der Geschäftsführung IBM Germany, Austria & Switzerland

„Unsere Maschinen sollten nichts anderes als Werkzeuge für uns Menschen sein, sie sollten uns als Co-Pilot dienen. […] Dafür ist es der richtige Weg, Grundmuster zu definieren, wie Datennutzung zu vollziehen ist.“

Matthias Hartmann –

Risiken Künstlicher Intelligenz

Der Bereich Künstliche Intelligenz hat in den vergangenen Jahren beträchtliche Förderungsinvestitionen verzeichnen können. Eine Studie von Deloitte hat ein BIP-Wachstum von 17% bis zum Jahr 2030 aufgrund von Künstlicher Intelligenz prognostiziert. Bei all dieser Hoffnung in die neue Technologie sollten aber auch einige Mythen und Risiken beleuchtet werden, betonte Dr. Anastassia Lauterbach, internationale Technologie-Unternehmerin und Expertin in den Bereichen KI und Cybersecurity. Künstliche Intelligenz bedingungslos als Heilbringer zu positionieren, sei falsch, da „die Technologie an sich erstmal dumm ist“. Es existieren nur wenige große KI-zentrische Unternehmen, die allerdings hochprofitabel sind. Diese Unternehmen haben verstanden, dass es Risiken gibt, mit denen sich auseinandergesetzt werden muss, so Dr. Lauterbach.

Dr. Anastassia Lauterbach
Dr. Anastassia Lauterbach, internationale Technologie-Unternehmerin und Expertin in den Bereichen KI und Cybersecurity

„Es reicht nicht mehr aus, einen Degree zu haben. Menschen müssen sich vernetzen, sich weiterentwickeln, ständig lernen. Die Welt verändert sich stark und schnell. Es werden andere Fähigkeiten benötigt, die vor 20 Jahren noch nicht da waren.“

Dr. Anastassia Lauterbach –

Erfolgsfaktoren Künstlicher Intelligenz

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Meilensteine verzeichnet. Bereits heute ist eine Narrow-AI, also die Nutzung Künstlicher Intelligenz für ganz spezifische Themen und Prozesse, verfügbar. Das Potenzial dieser Narrow-AI wird jedoch deutlich unterschätzt und insb. in Deutschland nicht umfassend genutzt. Dr. Wolfgang Hildesheim, Leiter des Geschäftsbereichs Watson, Data Science & Artificial Intelligence bei IBM, betonte, dass bereits die Automatisierung einfacher intellektueller Aufgaben eine deutliche Unterstützung unserer Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit bedeuten würde. Dr. Hildesheim betonte, dass sich zur Implementierung von Künstlicher Intelligenz Design Thinking Workshops sowie die Nutzung von Piloten und Prototypen als Best Practice Ansätze herausgestellt haben.

Dr. Wolfgang Hildesheim
Dr. Wolfgang Hildesheim, Leiter des Geschäftsbereichs Watson, Data Science & Artificial Intelligence bei IBM

„Bei der Innovationskreierung, bei dem Aufbau eines AI-Ecosystems sowie bei der Einführung neuer Job-Profile sollte immer Step-by-Step vorgegangen werden.“

Dr. Wolfgang Hildesheim –

Künstliche Intelligenz und der Mensch – ein Ausblick

Der Erfolgsfaktor „People for AI“ betont bewusst die Notwendigkeit des Menschen zur Implementierung von Künstlicher Intelligenz. Ein Faktor, den Manager häufig unterschätzen, mahnte Prof. Dr. Sabine Pfeiffer, Inhaberin des Lehrstuhls für Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, an. Unternehmen sollten die Mitarbeiter in aktuellen Tätigkeitsprofilen einbinden und gemeinsam problembasiert vorgehen, so Prof. Dr. Pfeiffer. Insbesondere nach-dem Künstliche Intelligenz in den vergangenen Monaten verstärkt in die Öffentlichkeit gerückt ist, bedarf es einer Akzeptanzbildung in der breiten Masse. Für eine solche Akzeptanz ist eine klar definierte Ethik als ‚Regelwerk‘ für eine neue Technologie dienlich. Ethik gibt Regeln vor, zeigt jedoch auch auf, was eine Technologie leisten kann, bestätigte Prof. Dr. Christoph Lütge, Koordinator des Forschungsinstituts für Ethik in der Künstlichen Intelligenz und Inhaber des Peter Löscher-Stiftungslehrstuhl für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München.

Prof. Dr. Sabine Pfeiffer
Prof. Dr. Sabine Pfeiffer, Inhaberin des Lehrstuhls für Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

„Ich bin vielfach über die Naivität vieler Führungskräfte erstaunt, wenn es um das Thema Künstliche Intelligenz geht. Einerseits wird Künstliche Intelligenz überzeichnet, andererseits werden Mitarbeiter abgewertet.“

Prof. Dr. Sabine Pfeiffer –

Prof. Dr. Christoph Lütge
Prof. Dr. Christoph Lütge, Koordinator des Forschungsinstituts für Ethik in der Künstlichen Intelligenz und Inhaber des Peter Löscher-Stiftungslehrstuhl für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München

„Unternehmen stehen spätestens seit Beginn des 21. Jahrhunderts viel stärker im öffentlichen Fokus als früher. Es geht also nicht mehr nur darum, jeden einzelnen Buchstaben des Gesetzes zu erfüllen. Vielmehr geht es um die soziale Verantwortung und das bürgerschaftliche Engagement in und von Unternehmen.“ 

Prof. Dr. Christoph Lütge –

Agenda

Die Mitglieder der Wissenschaftlichen Gesellschaft diskutierten dieses spannende Thema in 5 Gesprächsrunden. Nach einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme zu Künstlicher Intelligenz im Management folgte die praxisorientierte Bestandsaufnahme. Schließlich wurden Risiken Künstlicher Intelligenz diskutiert, um in einem weiteren Panel Erfolgsfaktoren Künstlicher Intelligenz herauszustellen. Ein Ausblick über Künstliche Intelligenz und den Menschen schloss die Diskussionsrunden.

 

Dokumente zu dem Führungsgespräch finden Sie hier:

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